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Europa fürchtet

D I E   E N T S C H L O S S E N H E I T   F R A N Z Ö S I S C H E R   T R U C K E R 


Quelle: Berliner ZeitungBerliner Zeitung03.11.1997Von Joachim Widmann / Susanne GabrielDie Verhandlungen um höhere Gehälter und geringere Arbeitszeiten der französischen Lkw-Fahrer sind gscheitert. Die Gewerkschaften haben zum Streik und zu Lkw-Blockaden von Grenzübergängen und Verkehrsknotenpunkten aufgerufen.
Europa droht erneut Geisel der französischen Lkw-Fahrer zu werden. Die französische Regierung hatte die Europäische Union schon davor gewarnt, daß sie nicht freie Fahrt garantieren könne, als die Verhandlungen zwischen den Fernfahrer-Gewerkschaften und den Unternehmerverbänden noch liefen. Sie weigerte sich zwar, vermittelnd einzugreifen. Doch der Kompromiß, der eine stufenweise Umsetzung der Gewerkschaftsforderungen bis zum Jahr 2000 vorsah, wäre ohne die Ankündigung des Premierministers Lionel Jospin nicht zustande gekommen: Er wolle die Gewerbesteuer auf Lkw senken, um den Spediteuren die Gehaltserhöhung zu erleichtern. Und Verkehrsminister Jean-Claude Gayssot kündigte eine Gesetzesvorlage zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer an.
Die linke Koalitionsregierung Jospin hat damit mehr Bereitschaft gezeigt, den Arbeitskampf zu moderieren, als die Vorgängerregierung unter dem konservativen Premier Alain Juppé. Der war im November 1996, als ein zwölftägiger Arbeitskampf der Fernfahrer um die Senkung des Rentenalters von 60 auf 55 Jahre den Fernverkehr in Frankreich praktisch zum Erliegen brachte, lange nicht zu Konzessionen bereit gewesen.
So unangenehm Streik der Lkw-Fahrer sind: Viele Franzosen sympathisieren mit ihren Forderungen. Zumal die Fahrer ein Jahr lang weitgehend stillhielten , obwohl die Arbeitgeber wenig Neigung zeigten, wie 1996 vereinbart, über eine Verringerung ihrer extremen Arbeitsbelastung zu verhandeln. Die Spediteure gelten als Vertreter des "capitalisme dur", des harten Kapitalismus, und haben nur wenig Fürsprecher.
Die Regierung Jospin wird jedoch nicht allein davon umgetrieben, daß sie einmal mehr - und ohne Schaden oder finanzielle Verpflichtung - demonstrieren kann, daß das Soziale ihr besonders am Herzen liege. Der volkswirtschaftliche Schaden durch neue tagelange Lkw-Blockaden wäre immens. Ein Minus des Bruttoinlandprodukts (BIP) wie durch den Streik 1996 könnte die Konsolidierungspläne der Regierung für die Euro-Tauglichkeit Frankreichs über den Haufen werfen: Sinkt das BIP, müßte die Regierung im Haushalt stärker sparen, um die Euro-Kriterien zu schaffen.
Eine weitere europäische Dimension ist der Schaden, der Frankreichs Nachbarn entstehen könnte.
Die Entschädigungen für die Streikausfälle von 1996 sind nach Angaben der Europäischen Kommission gerade zu 4,5 Prozent ausgezahlt. 40 Millionen France (12 Millionen Mark) Schaden waren bei den britischen Spediteuren entstanden. 90 Millionen pro Streiktag bei den spanischen Agrar-Exporteuren: es gab Kurzarbeit und Produktionsausfälle bei den deutschen Auto-Produzenten, bei denen Teile-Lieferungen aus Spanien ausfielen...




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Etwa 10 000 spanische Lkw sind derzeit in Europa unterwegs und für die Heimfahrt auf den Transit durch Frankreich angewiesen, teilt die spanische Regierung am Wochenende mit. Am Sonnabend verlangte der spanische Verkehrsminister Rafael Arias-Salgado daher von Paris, die Transitautobahnen notfalls mit Polizeigewalt frei zu halten - eine Forderung, die von der potugiesischen Regierung unterstützt wurde. Auch Großbritannien und Belgien appellierten an die französischen Arbeitskampf-Parteien und die Regierung, es nicht zur Blockade ausländischer Fahrer kommen zu lassen. 1996 war es zu Blutvergießen am Straßenrand gekommen, als aufgebrachte Ausländer von ihren streikenden französischen Kollegen mit Gewalt freie Fahrt erkämpfen sollen.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr und Logistik, Karlheinz Schmidt, riet den Spediteuren dringend, ihre Laster vor Beginn der Blockaden aus Frankreich abzuziehen. Auch in Portugal, Belgien und Großbritannien werden die Fernfahrer zur raschen Rückkehr aufgerufen. Der britische Transportverband RHA rechnete mit Engpässen bei Gemüse, Käse und Fleisch, falls der Streik länger als einige Tage dauert. In Spanien bezifferte der Landwirtschaftsverband Goag die befürchteten Einnahmenausfälle allein für die Region Andalusien auf zwei Milliarden Peseten (rund 23,2 Milllionen Mark) pro Tag. Blockiert werden sollen nach Angaben der sozialdemokratischen Gewerkschaft CEDT Tankstellen, Einrichtungen des Großhandels und der Automobilindustrie sowie Grenzposten. Dort seien bereits Flugblätter mit Informationen verteilt worden, um ausländische Kollegen vorzubereiten, hieß es. Die Gewerkschaft Force Ouvrière (FO) legte bereits Anfang der Woche 30 bis 35 Stellen in Frankreich fest, wo sie Blockaden errichten will.
Die kommunistische Gewerkschaft CGT will nicht nur Straßensperren errichten, sondern auch Betriebe besetzen. Dies sei unter Umständen wirkungsvoller als drei Lkw, die die Straße blockierten, hieß es.



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LKW-Streik

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