Alles über

Gefahrgut

Als Gefahrgut (international Dangerous Goods) bezeichnet man Stoffe, Zubereitungen (Gemische, Gemenge, Lösungen) und Gegenstände, welche Stoffe enthalten, von denen aufgrund ihrer Natur, ihrer physikalischen oder chemischen Eigenschaften oder ihres Zustandes beim Transport bestimmte Gefahren für


die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Allgemeinheit,
wichtige Gemeingüter,
Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und anderen Sachen

ausgehen können und die aufgrund von Rechtsvorschriften als gefährliche Güter einzustufen sind. (in Deutschland vgl. § 2 (1) Gefahrgutbeförderungsgesetz)
Einfach gesagt wird ein Gefahrstoff, sobald er transportiert wird ein Gefahrgut.


Beispiele

Als Gefahrgüter gelten Feuerwerkskörper, Benzin, Heizöl, bestimmte Düngemittel, Klinikabfälle, Airbags. Aber auch Stoffe, die in kleinen Mengen, keinerlei Gefahr darstellen zählen in großen Mengen unter Umständen zu Gefahrgut. So ist ein mit Feuerzeugen oder Spaydosen gefüllter LKW ein Gefahrguttransport, der normalerweise aber nicht von außen als solcher zu erkennen ist.


Abgrenzung zum Gefahrstoff

Gefahrgüter sind nicht mit Gefahrstoffen (hazmat für englisch hazardous material) zu verwechseln, hier wird in zwei sehr verschiedene Rechtsgebiete unterschieden:


Gefahrgutrecht - bei der gesamten Beförderung und transportbedingter Zwischenlagerung
Gefahrstoffrecht - bei der Lagerung und der Verwendung

Nicht jeder Gefahrstoff ist auch Gefahrgut und umgekehrt.


Vorschriften

Die Beförderung von Gefahrgut ist eines der wenigen Gebiete, auf dem es schon seit längerer Zeit wirklich grenzübergreifende Regelungen gibt, denen sich die meisten Staaten angeschlossen haben.


Strasse & Schiene

Über die Beförderung von Gefahrgut existieren besondere Vorschriften, z.B. hinsichtlich Verpackung, Ladungssicherung, Kennzeichnung und Transport. Diese sind für viele europäische und benachbarte Staaten (zur Zeit 40) durch die Übereinkommen des Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) für den Straßenverkehr beziehungsweise das Règlement concernant le transport international ferroviaire de marchandises Dangereuses (RID) beim Schienenverkehr gegeben.


nationale Umsetzung

All diese "überstaatlichen" Vorschriften werden in den einzelnen Ländern durch nationale Gesetzgebung in das nationale Recht übernommen. In Deutschland sind dies im Wesentlichen die GGVS (Gefahrgutverordnung Straße/ Eisenbahn), die GGVBinSch (Gefahrgutverordnung Binnenschiff), die GGVSee (Gefahrgutverordnung Seeschiff) sowie das Luftverkehrsgesetz (LuftVG), die Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO) und die Nachrichten für Luftfahrer (NfL).


Qualifikation

Bei der Beförderung von Gefahrgut auf der Straße muss der Fahrer eine ADR-Bescheinigung erwerben, welche ihm nach erfolgreicher Absolvierung eines Lehrgangs (genaue Definition im ADR) zeitlich befristet ausgestellt wird. Ohne diese Bescheinigung darf Gefahrgut nur unter besonderen Einschränkungen und Beachtung spezieller Besonderheiten transportiert werden. Alle an der Beförderung von Gefahrgut Beteiligten müssen Sachkenntnisse über die Gefahrgutvorschriften nachweisen. Diese erhalten sie in regelmäßig durchzuführenden Schulungen. Österreichische Fahrer brauchen einen so genannten Gefahrgutführerschein, der meist nur einige Klassen umfasst. Beispielsweise ist Gruppe Sieben ein eigener Führerschein und nicht mit den anderen Gruppen kombiniert.

Unternehmen, die an der Beförderung von Gefahrgut beteiligt sind, müssen in der Regel schriftlich einen Gefahrgutbeauftragten bestellen. Die Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GbV) enthält aber Befreiungen; treffen diese für den Betrieb zu, muss kein Gefahrgutbeauftragter bestellt werden.

Zweck der zahlreichen Vorschriften ist eine sichere Abwicklung der Gefahrguttransporte (Unfallvermeidung) sowie genaue und schnelle Information der Rettungskräfte (Feuerwehr), damit im Unglücksfall sofort die richtigen Maßnahmen ergriffen werden können.


Einteilung der Klassen

Gefahrgut wird gemäß ADR je nach Gefährlichkeitsmerkmal in verschiedene Klassen eingeteilt. Dies sind:

Gefahrgutklassen

Klasse 1 - Explosive Stoffe

Sprengstoffe und Gegenstände, die Sprengstoffe enthalten:


Klasse 1

Unterklasse 1.1 Stoffe und Gegenstände, die massenexplosionsfähig sind.
Unterklasse 1.2 Stoffe und Gegenstände, bei denen die Gefahr der Bildung von Splittern besteht.
Unterklasse 1.3 Stoffe und Gegenstände, die feuergefährlich sind, jedoch nur eine geringe Gefahr durch Luftdruck und Splitter besteht.
Unterklasse 1.4 Stoffe und Gegenstände, mit geringer Explosionsgefahr, Auswirkungen bleiben auf das Versandstück beschränkt.
Unterklasse 1.5 Stoffe bei denen (unter normalen Beförderungsbedingungen) die Wahrscheinlichkeit einer Massenexplosion sehr gering ist.
Unterklasse 1.6 Stoffe bei denen (unter normalen Beförderungsbedingungen) eine vernachlässigbare Wahrscheinlichkeit zu einer unbeabsichtigten Zündung oder Fortpflanzung besteht

Klasse 2

Klasse 2


Gase sind Stoffe, die bei 50 °C einen Dampfdruck von mehr als 3 bar haben oder bei 20 °C und 1013 mbar Druck vollständig gasförmig sind. Zu dieser Klasse gehören komprimierte, verflüssigte oder gelöste Gase. Beispiele: Propangas, Wasserstoff, Haarspray, Acetylen.


Klasse 3

Klasse 3
Die Klasse 3 beinhaltet Stoffe und Gegenstände, die bei 20 °C und 1013 mbar flüssig sind, bei 50 °C maximal 3 bar Dampfdruck haben, bei 20 °C und 1013 mbar nicht vollständig gasförmig sind und einen Flammpunkt von höchstens 61 °C haben. Entzündbare flüssige Stoffe und geschmolzene feste Stoffe mit einem Flammpunkt über 61 °C, die auf oder über ihren Flammpunkt erwärmt sind, sind ebenfalls Stoffe der Klasse 3. Beispiele: Benzin, Alkohol, bestimmte verflüssigte Metalle


Klasse 4.1

Stoffe der Klasse 4.1 sind leicht entzündliche feste Stoffe und Gegenstände, die durch Funkenflug entzündet werden können oder durch Reibung einen Brand verursachen können.
Des weiteren umfasst die Klasse 4.1 selbstzersetzliche Stoffe, die bei außergewöhnlich hohen Temperaturen oder durch Kontakt mit Verunreinigungen zu stark exothermen Zersetzungen neigen.

Explosive Stoffe, die mit einer solchen Menge Wasser oder Alkohol befeuchtet sind oder die eine solche Menge Plastifizierungs- oder Inertisierungsmittel enthalten, daß die explosiven Eigenschaften unterdrückt sind, sind ebenso Stoffe der Klasse 4.1. Beispiele: Kautschukreste, Zündhölzer, Schwefel...


Klasse 4.2

Selbstentzündliche Stoffe sind Stoffe einschließlich Mischungen und Lösungen (flüssig oder fest), die sich in Berührung mit Luft schon in kleinen Mengen innerhalb von 5 Minuten entzünden. Dazu kommen Stoffe und Gegenstände, einschließlich Mischungen und Lösungen, die in Berührung mit Luft selbsterhitzungsfähig sind. Diese Stoffe können sich nur in größeren Mengen (mehrere kg) und nach längeren Zeiträumen (Stunden oder Tagen) entzünden. Beispiele: Weißer Phosphor, Kohle (pflanzlichen Ursprungs), Fischmehl, Firnisse.


Klasse 4.3

Der Klasse 4.3 sind Stoffe sowie Gegenstände mit Stoffen dieser Klasse zuzuordnen, die bei Reaktion mit Wasser entzündbare Gase entwickeln, welche mit Luft explosionsfähige Gemische bilden können. Beispiele: Natrium, Carbid, Zinkstaub


Klasse 5.1

Stoffe, die selbst nicht notwendigerweise brennbar sein müssen und (im allgemeinen durch Abgabe von Sauerstoff) einen Brand verursachen oder den Brand anderer Stoffe fördern können, sind Stoffe der Klasse 5.1. Beispiele: Wasserstoffperoxid, Kaliumchlorat („Unkraut-Ex“), Ammoniumnitrathaltige Düngemittel.


Klasse 5.2

Der Klasse 5.2 sind alle organischen Peroxide zuzuordnen, die mehr als 1 % Aktivsauerstoff und mehr als 1 % Wasserstoffperoxid oder mehr als 0,5 % Aktivsauerstoff und mehr als 7 % Wasserstoffperoxid enthalten. Beispiele: Dibenzoylperoxid (Härterpaste für Polyesterharz), Methylethyketonperoxid (Härter für Zweikomponenten-Lacke).


Klasse 6.1

Der Begriff der Klasse 6.1 umfasst Stoffe, von denen aus Erfahrung bekannt oder nach tierexperimentellen Untersuchungen anzunehmen ist, dass sie nach dem Einatmen, Verschlucken oder Berühren mit der Haut bei einmaliger oder kurzer Einwirkung in relativ kleiner Menge zu Gesundheitsschäden oder dem Tod eines Menschen führen können. Beispiele: Cyanwasserstoff (Blausäure), Arsen, Pestizide.


Klasse 6.2

Alle Stoffe, von denen bekannt oder anzunehmen ist, daß sie Krankheitserreger enthalten, von denen bekannt oder anzunehmen ist, dass sie bei Tieren oder Menschen infektiöse Erkrankungen verursachen, sind Stoffe der Klasse 6.2. Beispiel: Klinischer Abfall, Bakterien Sporen, Viren.


Klasse 7

Alle radioaktiven Stoffe und Gegenstände, die radioaktive Stoffe enthalten, sind Stoffe der Klasse 7. Beispiele: Uran-Metall, Instrumente.


Klasse 8

Die Klasse 8 umfasst alle Stoffe, die durch chemische Einwirkung die Haut oder die Schleimhäute, mit denen sie in Berührung kommen, angreifen. Des Weiteren beinhaltet die Klasse 8 auch Stoffe, die beim Freiwerden Schäden an anderen Gütern oder Transportmitteln verursachen oder sie zerstören können sowie Stoffe, die erst mit Wasser ätzende flüssige Stoffe oder mit Luftfeuchtigkeit ätzende Dämpfe oder Nebel bilden. Beispiele: Schwefelsäure, Natronlauge.


Klasse 9

Unter die Klasse 9 fallen alle Stoffe und Gegenstände, die während der Beförderung eine Gefahr darstellen, die nicht unter eine der vorgenannten Klassen fallen. Beispiele: Asbest, Lithiumbatterien, Airbags.


Gefahrzettel

Die Gefahrzettel sind auf der Spitze stehende Quadrate, die mittels Piktogrammen und einem speziellen Nummerncode (den oben genannten "Klassen") über die Art der Gefahr Auskunft geben. Es gibt sie in den Größen 10 x 10 cm für Packstücke und 25 x 25 cm für LKW, Tank-LKW, Aufsetztanks oder Container.
Die Gefahrentafel (orangefarbene Warntafel) ist eine rechteckige, orangefarbige Tafel, die entweder übereinander zwei Nummerncodes hat oder leer ist.
Eine leere Gefahrentafel wird dann verwendet, wenn unterschiedliche Gefahrgüter zusammen transportiert werden, also beispielsweise unterschiedliche Kartons oder Paletten, oder die einzelnen Kammern eines Tankwagens mit unterschiedlichen Stoffen gefüllt sind. Transporte der Klassen 1 (Explosivstoffe, Munition etc.) und 7 (Radioaktive Stoffe) werden ebenfalls mit leeren Warntafel gefahren.

Bei nummerierten Tafeln gibt die obere Nummer Aufschluss über die Art der Gefahr (Gefahrnummer, auch Kemler-Zahl genannt), beispielsweise steht die 33 für leicht entzündlich. Die untere Nummer gibt Auskunft über die Chemikalie selbst (UN-Nummer, auch Stoffnummer genannt). Zum Beispiel steht die 1202 für Dieselkraftstoff oder Heizöl.
Für die Tafeln ist vom ADR eine Größe von 40 mal 30 cm vorgeschrieben. Sie müssen so ausgeführt sein, dass die Nummern auch nach einer Brandeinwirkung von 15 Minuten noch lesbar sind. Nach RID ist die Kennzeichnung von Waggons eigens geregelt. Nur bei der Rollenden Landstraße gelten auch im Bahnbereich die ADR-Regelungen.


Unfallmerkblatt

Bei Gefahrguttransporten ist es (mit Ausnahmen) Vorschrift, Unfallmerkblätter mitzuführen, die für den Fahrer wichtige Informationen über die Handhabung der gefährlichen Güter sowie das Vorgehen im Falle eines Unfalls beinhalten.

Die korrekte Bezeichnung gem. den Gefahrgutvorschriften lautet: schriftliche Weisung. Ursprünglich wurde das Unfallmerkblatt für den schnellen Zugriff durch Hilfskräfte an der vorderen und hinteren Stoßstange eines Fahrzeugs mitgeführt, eine gute, aber für den Fahrer umständliche Lösung. Nach heutiger Vorschrift genügt das Mitführen im Führerhaus, was bei oft wechselnden Produkten zu einem Sammelsurium von Merkblättern im Führerhaus führt.
Keine gute Lösung, wenn alte Merkblätter nicht sofort nach Beendigung der Fahrt entfernt werden.


ERI - Cards

Die Unfallmerkblätter enthielten ursprünglich auch Informationen für Rettungskräfte, wie beispielsweise die Feuerwehr. Diese Informationen sind mittlerweile in den ERI-Cards zu finden.


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